Die Bevölkerungsstruktur Deutschlands wird sich in den kommenden Jahren weiterhin spürbar verändern. Die aktuellen Zahlen belegen, die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20- bis unter 65-Jährige) sinkt. Im Jahre 2030 werden voraussichtlich 17% weniger Kinder und Jugendliche in Deutschland leben als heute. Gleichzeitig steigt die Zahl der älteren Menschen in der Gesellschaft an. Die Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren wird um rund ein Drittel von heute ca. 17 Millionen auf ca. 22 Millionen Menschen ansteigen. Gleichzeitig wird Deutschland in diesem Zeitraum um mehr als eine halbe Million Einwohner schrumpfen. Demnach werden in 15 Jahren trotz zu erwartender hoher Zuwanderung in Deutschland nur noch 79,97 Millionen Menschen leben. Hinzu kommt, dass sich diese Bevölkerungszahl auf die städtischen Ballungsgebiete und den ländlichen Raum sehr ungleichmäßig verteilt.
Beispiel: So gehen statistische Berechnungen davon aus, dass in Bitterfeld-Wolfen und Gräfenhainichen in Sachsen-Anhalt oder im thüringischen Roßleben 2030 gut 26 Prozent weniger Menschen wohnen werden als heute. Unterföhring und Feldkirchen bei München, das nordbadische Ilvesheim und Teltow im brandenburgischen Kreis Potsdam-Mittelmark hingegen haben einen Anstieg ihrer Einwohnerzahl um mehr als ein Viertel zu erwarten.
Während die Städte wachsen, entvölkern sich Dörfer und ländliche Gebiete. Doch eines steht fest – auch wenn nicht alle Kommunen schrumpfen – keine wird jünger!
Denn, das Durchschnittsalter unserer Bevölkerung steigt. 2030 wird die Hälfte der Bundesbürger älter als 48,1 Jahre sein. 2012 betrug das Durchschnittalter der Bevölkerung noch 45,3 Jahre. In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg wird es 2030 voraussichtlich bei etwa 43 Jahren noch am niedrigsten sein. Statische Berechnungen gehen davon aus, dass das sogenannte Medianalter in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils rund 53 Jahren am höchsten liegen wird.
Der Demographische Wandel stellt damit sowohl die stark wie auch die schwach besiedelten Kommunen vor ganz unterschiedliche individuelle Herausforderungen in den Bereichen:
- Bevölkerungsschutz
- Kriminalitätsentwicklung und Sicherheit
- Gesundheitsversorgung und Pflege
Bevölkerungsschutz
Zu den zentralen Aufgaben der staatlichen Daseins vorsorge gehört die Rettung und sachgerechte Versorgung der Menschen bei Not- und unglücksfällen, bei Großschadenereignissen oder Katastrophen. In den vergangen 60 Jahren konnten sich die Menschen darauf verlassen, dass ihnen in solchen Fällen schnell und sachgerecht geholfen wird. Allerdings führen die demografischen Veränderungsprozesse heute zu erheblichen Problemen in der sachgerechten Aufgabenwahrnehmung und diese negativen Entwicklungen werden sich langfristig deutlich verstärken.
Die Organisationen der Freiwilligen Feuerwehren, der Rettungs-, Sanitäts- und Betreuungsdienste oder des Katastrophenschutzes fußen auf dem ehrenamtlichen Engagement, aber immer weniger Menschen sehen sich in der Lage, sich langfristig für ein Ehrenamt zu verpflichten.
Teilweise ist es ein Zeit- teilweise ein Kostenfaktor:
Vor dem Einsatz in diesen Gefahrenbereichen ist eine Ausbildung von 100 bis 180 Stunden nötig. Weiterhin sind jährliche Fortbildungen und Trainingszeiten von 80 bis 120 Stunden zu absolvieren. Für die Funktionalität der Einheiten werden außerdem höherwertig qualifizierte Helfer gebraucht. Die entsprechenden Schulungen finden während der regulären Arbeitszeit statt und eine Lohnfortzahlung ist in der Regel nur in seltenen Ausnahmefällen möglich. Dazu kommt, dass sich Zeitpunkt und Dauer eines Einsatzes nicht planen lassen.
Folglich stehen tagsüber in kleineren Gemeinden zunehmend keine ausreichenden Rettungskräfte zur Verfügung. Zwar erwarten die Menschen und verlangen die Gesetze eine jederzeit einsetzbare Feuerwehr, aber diese Vorgabe lässt sich vielerorts nicht mehr realisieren und es wird in den nächsten Jahren zu einer erheblichen Reduzierung des gewohnten Standards kommen.
Um die qualitative und quantitative Leistungsfähigkeit der Einrichtungen nachhaltig zu sichern, werden nachhaltige Konzepte nötig sein, die das Ehrenamt stärken und den Menschen erlauben, sich uneigennützig zu engagieren. Dazu gehört aber auch, dass die Hilfsorganisationen sich dem demographischen Wandel anpassen und ihre Zielgruppe – Jugendliche und junge Erwachsene – stärker ins Auge fassen und ihre Angebote dementsprechend präsentieren sollten:
Betonung des Gemeinschaftsgefühls, der Authenzität, der technischen Ausrüstung und des „Abenteuers“. Wichtig wäre darüber hinaus eine Anpassung an die zeitgemäße Mobilität: Vereinheitliche Strukturen und Ausbildungen, die auch eine temporäre Teilnahme an einem Ort und den Wechsel in ein neues Team nach einem Umzug in ein neues Bundesland ermöglichen
Kriminalitätsentwicklung und Sicherheit
Langfristig wird sich die Verringerung und zunehmende Alterung der Bevölkerung dahin gehend auswirken, dass insgesamt mit einer Abnahme polizeilich registrierter Delikte und einem Rückgang der Anzahl an Tatverdächtigen gerechnet wird. Als Größenordnung zum Vergleich erwarten Experten eine Reduzierung in einem Umfang von ca. zehn Prozent bis zum Jahr 2030. Das Meinungsbild in Teilen der Bevölkerung über die „zunehmende Gewalt“ der Jugend ist nicht neu. Statistisch gesehen trifft diese Einschätzung jedoch nicht zu. Im Gegenteil, der bereits in den letzten Jahren zu beobachtende Rückgang der Gewaltkriminalität jugendlicher Tatverdächtiger (14 bis unter 18 Jahre) hält weiter an.
Doch auf die Polizeikräfte sowie deren Ausbildung hat der demographische Wandel einen enormen Einfluss. Denn die Polizei ist Teil der Gesellschaft. Damit verändert sich die Altersstruktur seiner Beschäftigten analog der demografischen Gesamtentwicklung. So betrug im Jahr 2010 das Durchschnittsalter der Bundesbeschäftigten 45 Jahre, Tendenz steigend. Dies bedeutet, dass die Rahmenbedingungen für die Ausübung des Polizeidienstes überdacht werden müssen. Dazu gehören eine altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung, flexible Arbeitszeiten und eine ausgewogene Gesundheitsfürsorge für die Beschäftigten. Den sinkenden Bewerberzahlen bei zunehmenden Versetzungen in den Ruhestand steht eine stetig steigende Nachfrage an Fachkräften als gesamtgesellschaftliche Herausforderung gegenüber. Für diese gilt es attraktive Angebote zu machen, wie Qualifikationsmaßnahmen, moderne Technologien, Personalkonzepte (z. B. zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf) oder die noch intensivere Einstellung von Menschen mit Migrationshintergrund weiter auszubauen.
Gesundheitsversorgung und Pflege
Nur in vereinzelten Gemeinden werden 2030 weniger über 80-Jährige leben als heute .Insbesondere in den großen Städten und Ballungsräumen wird die Zahl der hilfs- und pflegebedürftigen Senioren drastisch ansteige . Allein im Großraum München ist bis 2030 mit einem Anstieg von mehr als 180 Prozent bei den Hochbetagten rechnen. Einer drohenden Gefahr von Versorgungslücken aufgrund fehlender Pflegekräfte muss daher heute bereits dringend entgegen gewirkt werden.
Im ländlichen Raum dagegen drohen heute bereits Ärztemangel und Ausfälle der medizinischen und pflegenden Betreuung. Als Gegenmaßnahme dezentrale Lösungen in Frage. Sie erhöhen Flexibilität und Problemnähe. Wichtig für die Bedarfsplanung sind statt allgemeiner Statistiken kleinräumigen Analysen vor Ort, die die Bedarfe von Ärzten und Patienten ermitteln. Aus den Befragungen lassen sich sodann Handlungsempfehlungen ableiten. Als Beispiele kommen Praxisgemeinschaften, der verstärkte Einsatz nichtärztlichen Personals, Kooperation mit Gesundheitszentren in Frage. Ziel ist es, alle Beteiligten dabei von Bürokratie, Investitionen und Anwesenheitspflichten zu entlasten.